Am Anfang dieser Arbeit steht eine Faszination, die Faszination Filmtrailer anzusehen. Oft sitze ich mit Freunden gemeinsam vor dem Laptop, wir klicken uns auf YouTube durch zahlreiche Filmneuankündigungen und lassen uns von der Aussicht auf das nächste große Filmereignis beeindrucken. Der Trailer beschwört die Kraft des Kinos in unseren Wohnzimmern herauf, indem er die Geschichten, die dort erzählt werden, auf ihren ureigensten Kern konzentriert; auf die Komödie, auf das Drama, auf die Liebe, den Hass, die Gefahr, die Katastrophe, auf eine oft beinahe mythische Dimension. Und indem er dies tut, bringt er in einer Leichtigkeit und Intensität den Wahrnehmungsraum Kino in unserer Vorstellung zu uns nach Hause. Wir wissen zwar, dass hinter den kurzen Clips geschickte Marketingstrategien stecken, die uns dazu bringen, wollen den Film in voller Länge im Kino anzusehen und dafür zu bezahlen. Doch lassen wir uns gerne überreden, da wir Zeugen zwingender und tiefgreifender Geschichtserzählung sein wollen. Der Trailer ist sozusagen ein Zuarbeiter für die Aura des Kinos und die Werbeindustrie macht sich dies geschickt zu Nutze.
Durch erste Internetrecherchen erfuhr ich, dass vor großen Filmereignissen mittlerweile spezielle Premieren für den Trailer in Kinos inszeniert werden, dass es eigens für Trailer ins Leben gerufene Preisverleihungen, z.B. den Golden Trailer Award oder den Key Art Award gibt, dass Trailer den dritten Platz der meistgesuchten Videoclips im Internet belegen und die Anzahl der Views die Betrachtung der Filme bei weitem übersteigt, dass sich tausende User auf Videoplattformen wie Youtube daran versuchen, eigene Trailer zu erstellen, umzuschneiden oder zu parodieren, und dass das Phänomen Trailer zum Teil groteske Züge annimmt, wenn Internetuser sich und ihre Reaktionen auf einen Trailer filmen, um dies wiederum ins Netz einstellen.
Fan-Reaktion auf Prometheus Trailer:
Fan-Made-Trailer und Orginal-Trailer für Stanley Kubricks 2001: A Space Odyssey:
Hier sei auch an den Trailer zum Dokumentationsfilm The Artist is Present über die Künstlerin Marina Abrahomovic aus dem Jahr 2012 erinnert, der auf seltsame Weise zum Trailer der künstlerischen Arbeiten selbst wird. Vor allem die gleichnamige Performance The Artist is Present, in der sich Abrahmovic über mehrere Monate täglich Besuchern ihrer Retrospektive im MoMa NewYork gegenübersetzte, wird in den Mittelpunkt des Trailers gerückt. In einem Zusammenschnitt der „intensivsten Momente“ der 721 Stunden laufenden Performance erfährt die gerade in ihrer Dauer wirkende Arbeit eine seltsame Bedeutungsverschiebung oder gar -umkehrung.
Marina Abramović The Artist is Present von Matthew Akers (Trailer 2012)
Als eigenständige „Kurzfilme“ funktionierende Trailer:
Federico Fellini – La Dolce Vita (Trailer 1960):
Stanley Kubrick: „Dr.Strangelove Or:How I Learned To Stop Worrying And Love The Bomb“ (Trailer 1964)
Als Trailer konzipierte Videokunst:
Björn Melhus, The Castle (2007):
Selbst internationale Autorenfilme wie beispielsweise Michael Hanekes neuer Film Amour (F/ GER/ AUT, 2012), die durch die Teilnahme an einem der großen Filmfestspiele eigentlich schon eine gewisse Popularität erlangt haben, kommen nicht mehr um das Produzieren emotionalisierender Trailer herum, um für den Film zu werben.
Nach einer kurzen Einführung in die Geschichte und der grundlegenden Funktionsweise des Trailers möchte ich drei Fragestellungen für den Trailer behandeln, die ihn mit künstlerischen Strategien konfrontieren: Der Trailer als Teil eines medialen Environments? Der Trailer als paratextueller Collagenfilm? Der Trailer als zeitbündelnde und unmittelbar wirkende Darstellung? Die Betrachtung dringt dabei von äußeren Aspekten immer tiefer in die innere Struktur des Trailers vor. Bei der Auswahl der drei bearbeiteten Teilbereiche gehe ich jeweils von der Annahme aus, darin spezifische Momente einer Autonomie gegenüber dem übergeordneten Film zu erkennen. Indem ich diesem Aspekte des Trailers durch die Augen künstlerischer Verfahren betrachte, erhoffe ich mir grundlegende Strukturmerkmale herauszuarbeiten, die der Trailer als Container für eine kreative Nutzung bieten könnte. Dies soll Thema des vierten Gliederungspunkts sein.